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Wenn Helfer*innen Hilfe brauchen

Selten war das Engagement der deutschen Zivilgesellschaft so hoch wie nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Getragen wird die Solidarität von unzähligen ehrenamtlichen Helfer*innen, die viel Zeit und Kraft investieren. Doch auch sie benötigen in manchen Situationen Unterstützung.

Das Projekt „Cупровід - Begleitung von Ehrenamtlichen zur gelungenen Integration ukrainischer Geflüchteter" des Caritasverbands Aschaffenburg unterstützt geflüchtete Menschen aus der Ukraine und ihre ehrenamtlichen Unterstützer*innen, um ihnen das Ankommen und die Integration in Aschaffenburg nach ihrer Flucht erleichtern.

Projektmitarbeiterin Isabel Hessberger erzählt von ihren Erfahrungen und Aufgaben:

In den ersten Wochen der Flüchtlingsbewegung haben wir eine enorme Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung sehen können: Menschen haben ihren Wohnraum zur Verfügung gestellt und Geld und Hilfsgüter gespendet. Sie haben Geflüchtete bei Behördengängen begleitet und versucht, mit einem offenen Ohr sowie Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Oftmals kommen Ehrenamtliche jedoch an ihre Grenzen.

Viele Menschen dachten anfangs, dass es mit der bloßen Zurverfügungstellung von Wohnraum getan sei. Doch durch die lange Dauer, die die Geflüchteten in den privaten Räumen wohnen, kommt es oftmals in der Hausgemeinschaft zu Reibungen und Problemen. Auch Sprachbarrieren bergen Konfliktpotential und man stellt fest: Es „passt“ eventuell doch nicht mit der Person. Manchmal merken die Wohnungsgeber*innen auch, dass es einer viel tiefgreifenderen Begleitung der Geflüchteten bedarf, etwa durch emotionales Auffangen und Trauma-Bewältigung. Das stellt für manch eine Person verständlicher Weise eine Überforderung dar.

Unser Projekt gibt Helfer*innen einen Raum für Austausch, Supervision und Begleitung. Wir stehen zur Seite bei Fragen rund um Wohnraum und Erstausstattung mit grundlegenden Dingen wie Kleidung und Lebensmitteln und unterstützen die ehrenamtlichen Helfer*innen sowie die von ihnen betreuten Personen etwa bei Antragsstellungen und der Weitervermittlung in andere Dienste und Stellen wie Pflegeeinrichtungen oder Arbeitsvermittlung. 

Das Projekt soll Begleitung und Unterstützung für Helfende und Geflüchtete gleichermaßen sein. Im Rahmen der Supervisionstreffen haben wir durch die professionelle Begleitung schon Hilfestellung und Unterstützung in vielerlei Hinsicht geben können.

Alla Klaut ist ehrenamtlicher Mitarbeiter im Projekt. Für ihn war und ist die Unterstützung von geflüchteten Menschen aus der Ukraine eine Selbstverständlichkeit.

Mein Name ist Alla Klaut. Ich bin Mitte Fünfzig und lebe in Aschaffenburg. Ich bin in Kiew in der Ukraine geboren und dort auch aufgewachsen. Im Alter von 19 Jahren bin ich nach Deutschland gekommen, weil meine große Liebe mich hierhergeführt hat.

Zum Beginn des Krieges war ich von den Ereignissen emotional sehr mitgenommen, da meine Mutter und mein Bruder immer noch in der Ukraine leben und von dem Krieg direkt betroffen sind. Als die ersten Meldungen am 24. Februar aus der Ukraine kamen, war ich sehr erschüttert und in großer Sorge um meine Familie. Ich habe ab dem Zeitpunkt keine Nachrichten ausgelassen und ständig mit meinen Angehörigen und Bekannten telefoniert, um nachzuhören, ob alle noch am Leben sind. Ich habe mich dann sehr schnell dazu entschlossen, den Geflüchteten beim Ankommen und der weiteren Integration in Deutschland zu helfen.

Seit Juli 2022 helfe ich beim Caritasverband in Aschaffenburg bei vielen Projekten, so auch im Projekt „Cупровід“. Gerade wegen meiner Sprachkenntnisse kann ich viel Unterstützung in allen Lebensbereichen geben. Die konkrete Hilfe, die ich für die Geflüchteten anbiete, findet unter anderem in Form von Hilfe bei Anträgen, Behördengängen, Kontaktvermittlung und Netzwerk-Aufbau zu anderen Geflüchteten aus der Ukraine statt. Außerdem helfe ich in der Kleiderkammer des Caritasverbandes, wo ich den Menschen mit Rat und Tat zur Seite stehe und vor allem immer ein offenes Ohr habe für die Probleme und Anliegen.

Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir der Fall von einer geflüchteten Ukrainerin, die zu ihren zwei Töchtern geflohen ist, die in Aschaffenburg leben. Die Töchter haben die Mutter bei sich in der Wohnung aufgenommen und es kam nach einiger Zeit zu Missverständnissen und Konflikten. Daraufhin haben die Töchter die Mutter einfach „vor die Türe“ gesetzt mit all ihren Sachen. Ich habe die Mutter dann kurzerhand untergebracht und sie seelisch und in praktischen Belangen wie z. B. bei der Wohnungssuche unterstützt.

Die größte Belastung bei meiner helfenden Tätigkeit waren und sind die belastenden Geschichten, die erlebten und geschilderten Traumata der Menschen und der Behördendschungel, durch den ich mich oftmals mit den Menschen durchkämpfen muss.

Dennoch ist die ehrenamtliche Arbeit sehr wichtig für mich und eine große Befriedigung, da ich täglich Menschen helfen kann, die dringend Unterstützung brauchen.

Die Tätigkeit kommt meinem Motto „jeden Tag eine gute Tat“ sehr nahe. Für die Zukunft wünsche ich mir Frieden auf der Welt und für die ukrainischen Menschen in Deutschland eine gute Integration und viele helfende Hände, die sie weiterhin begleiten und unterstützen können.

So können Sie helfen


Es gibt viele Möglichkeiten, Geflüchteten aus der Ukraine zu unterstützen: Neben dem ehrenamtlichen Engagement können Sie sich über die aktuelle Situation im Land informieren und so als Fürsprecher*in für die Rechte der geflüchteten Menschen aktiv werden.
Oder Sie unterstützen mit Ihrer Spende die lebensrettende Arbeit des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Jede Form des Engagements ist wertvoll und wichtig!

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